Die Main-Post erhöht zum Jahreswechsel seine Abo-Preise. In Zeiten, in denen die gedruckten Zeitungen generell an Auflage verlieren und die Menschen immer weniger Geld im Portemonnaie haben, ist das ein brisanter Schritt.
Er wirft das Licht auf die wirtschaftliche Lage die Main-Post. Und darauf, welche Rolle ihr Journalismus spielt. Geschäftsführer David Brandstätter bezieht im Interview Stellung.
Frage: Die Main-Post erhöht die Abo-Preise. Man könnte meinen, Sie wollen mit aller Gewalt Zeitungsleserinnen und -leser vergraulen.
David Brandstätter: Wir würden gerne auf jede Art von Preiserhöhungen verzichten. Das macht uns keinen Spaß. Aber da muss man die Rahmenbedingungen heranziehen: Also zum Beispiel beim Papier, bei dem wir innerhalb von gut eineinhalb Jahren Kostensteigerungen von 250 Prozent haben plus die gesamten Energiekosten, steigende Lohnkosten und eine unglaublich große Personalnot – all das zwingt uns, leider deutlich die Preise anzuheben.
Die Online-Erlöse der Main-Post sind 2021 gegenüber dem Vorjahr um 7,5 Prozent gewachsen, die Erlöse der Druckerei um 6,8 Prozent gesunken. Das ist fast ein Nullsummenspiel. Wann wird das Online-Geschäft so stark sein, dass es die permanente Abwärtsspirale bei Print mehr als ausgleicht?
Brandstätter: Das wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, weil Online auf einem relativ niedrigen Niveau wächst. Allerdings muss man klar sagen: Im Online-Bereich hat man natürlich eine ganz andere Kostenstruktur als im traditionellen Geschäft mit Material, Druck und Zustellung. Das ist viel mehr Aufwand, den wir hier treiben müssen als im Digitalen. Insofern hilft uns das Digitale heute schon gut und wird uns irgendwann ganz wesentlich alimentieren. Im Moment ist es vom Gesamtumsatz her noch sehr überschaubar.
Nennen Sie mal eine Hausnummer.
Brandstätter: Es kommt immer darauf an, was man da alles reinrechnet. Ganz grob kann ich sagen, dass wir noch knapp unter 10 Prozent des Gesamtumsatzes liegen.
Was ist mit der Idee, auch auf lange Sicht eine gedruckte Zeitung anzubieten – aber nicht mehr täglich?
Brandstätter: Man wird in den nächsten Jahren sehr intensive Diskussionen führen müssen genau in diese Richtung. Es ist auch die Frage, bis zu welcher Uhrzeit die Zeitung ausgeliefert sein muss. Denn eines unserer Probleme ist, dass wir in der Nacht ein sehr kurzes Zustellfenster haben. Dadurch brauchen wir in dieser Zeit unheimlich viele Menschen, die wir leider schon gar nicht mehr finden. Wir würden mit weniger auskommen, wenn wir ihnen einfach mehr Zeit geben könnten. Natürlich ist irgendwann die Frage, ob man sechs Mal in der Woche erscheinen muss oder fünf Mal nicht auch reicht. Solche Fragen werden gestellt werden und ich glaube, dass man gute Lösungen finden wird.
Und was da genau? Die Anzeigen?
Brandstätter: Na ja, die Anzeigen sind in den vergangenen Jahren ganz extrem zurückgegangen. Die Umsätze sind nur noch ein Bruchteil dessen, was es einmal gab. Ganze Rubriken sind zusammengeschmolzen: Auto, Immobilien, Stellenmarkt. Trotzdem: Der Abo-Preis plus die Anzeigen sind in der Wertschöpfung des Unternehmens nach wie vor der wichtigste Teil.
Die Logistik, also unter anderem die Zustellung von Briefen, ist in Ihrem Verlag stark geworden. Doch die Zustellung der Zeitung wird immer schwieriger. Stichworte: Mindestlohn, Energiepreise, Personalmangel. Wohin führt dieser Weg?
Brandstätter: Das Briefgeschäft ist eine gute Alimentierung der Zeitungszustellung. Es ist ja kein Geheimnis, dass die Printauflage zurückgeht. Fehlende Mengen können wir aber durch Briefe auffüllen. Unser allergrößtes Problem ist der Personalmangel und das, obwohl wir durch Zuschläge deutlich über Mindestlohn bezahlen. Und die Aufgabe ist ein ganz wichtiger Beitrag für unsere Gesellschaft. Die unabhängigen Medien – natürlich egal, ob gedruckt oder in digitaler Form – sind das Nervensystem der Demokratie.
Sie stemmen einen schmerzenden Aufwand für die gedruckte Zeitung, die sie nicht immer ohne Störungen zur Leserschaft bringen können. Das klingt bitter für den Print-Bereich. Wie geht das weiter?
Brandstätter: Die Zustellung der Zeitung ist kein ganz einfaches Geschäft. Wir machen das sechs Mal in der Woche. Der Mensch ist es aber mittlerweile gewöhnt, eine Fünftagewoche zu haben. Dann ist die Zustellung frühmorgens unter nicht immer einfachen Bedingungen. Alles Dinge, die beim Kampf gegen den Personalmangel nicht gerade helfen. Und dann so was wie am 9. April dieses Jahres: ein ungewöhnlicher Wintereinbruch vor allem im Raum Würzburg. Die Zeitungen waren fix und fertig gedruckt, die Zustellerinnen und Zusteller draußen warteten auf sie – und wir kriegen wegen des Schnees die Zeitungen nicht vom Hof. Da hast du Tränen in den Augen. Das sind die schrecklichsten Tage im Berufsleben.
Wie steht es um den Journalismus in der Main-Post? Immer mehr Redaktionen richten einen intensiven Blick auf Statistiken, die zeigen, in welchem Maße die Online-Artikel gelesen werden. Auch die Main-Post tut das. Deshalb gibt es Kritik, dass die Redaktionen bald nur noch über jene Themen berichten, die Klicks und damit Online-Umsatz bringen.
Brandstätter: So etwas zu tun, wäre falsch. Das würde unsere Nachrichten in den reinen Populismus führen und die Menschen würden sich sehr schnell auf den Arm genommen fühlen. Ja, es gibt diesen Trend im Internet. Doch wir machen in der Redaktion etwas anderes sehr gut: Wir müssen für die Menschen relevant sein. Wir holen sie also ab bei all ihren Bedürfnissen, die sie im Alltag haben. Das müssen wir erspüren und den Menschen solche Informationen anbieten. Dann wird man auch bereit sein, dafür zu bezahlen.
Die Sichtbarkeit der Main-Post im Verbreitungsgebiet ist geringer geworden. Geschäftsstellen wurden geschlossen, die Lokalredaktionen sind in unsichtbare Adressen verschwunden. Hinzu kommt, dass die Redaktionen weniger Termine selbst besetzen. Stattdessen lässt sich die Main-Post über das Online-Portal mainpost.de/einsenden von Vereinen und Verbänden Mitteilungen zur direkten Veröffentlichung schicken. Sieht so der Lokaljournalismus der Zukunft aus?
Brandstätter: Man muss das differenzieren: Die reine Sichtbarkeit der Main-Post hat mit den Geschäftsstellen zu tun. Dort gab es – wie es so schön heißt – keine Geschäftsvorfälle mehr. Das war wirtschaftlich nicht mehr darstellbar. Also braucht man auch kein Ladenlokal mehr. Durch das Uploadportal mainpost.de/einsenden wiederum haben wir unsere Tore geöffnet. Dort können sich Vereine direkt an uns wenden und wir erleben dabei echte Steigerungen. Wir beobachten, dass Vereine, über die kaum noch berichtet worden ist, nun selbst Initiative ergreifen. Im Umkehrschluss können wir unsere Redakteurinnen und Redakteure nun dafür einsetzen, Geschichten selbst zu recherchieren. Wir haben früher viel Terminjournalismus gemacht und sind oft fremdbestimmt worden. Jetzt ist unser Journalismus deutlich besser geworden. Wir erfüllen damit besser denn je unsere Kontrollfunktion.
Das Interview führte Jürgen Haug-Peichl